Mitgliederschreiben
wir als Sächsische Union haben einen Landtagswahlkampf mit dem Ziel „Weil es um Sachsen geht“ geführt. Die Landtagswahl am 1. September 2024 hat ein Ergebnis, welches der CDU mit einem Drittel der Stimmen, zwischen der AfD politisch rechts und Grünen, SPD, BSW und Linken politisch links von uns sowie einem Einzelabgeordneten der Freien Wähler die Möglichkeit und gleichzeitige Verantwortung gibt, eine Regierung zu bilden. Und das bei einem schwierigen Wahlverhalten, das weniger die Landesthemen als die Bundesthemen in den Mittelpunkt gerückt hatte.
Geschäftsgrundlage des Wahlergebnisses für die CDU ist gewesen, eine Koalition mit AfD und Linken auszuschließen und eine Koalition mit den Grünen aufgrund der Bundes- wie Landeserfahrungen nicht mehr zu wollen. Das Wählerverhalten hat sich daran ausgerichtet. Ob das Koalitionsverbot der Linken auch ein Verbot des BSW einschließt wird in unseren Reihen diskutiert und muß geklärt werden.
Im September gab es in Vorbereitung der ersten Landtagssitzung am 1. Oktober erste offene Gespräche mit allen anderen Fraktionen, also auch der AfD, um den Landtag arbeitsfähig zu machen. Das ist mit der Wahl des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten gelungen.
Um die Möglichkeit des Wahlergebnisses, eine Regierung zu bilden, überhaupt zu erkunden gab es gut vorbereitet diese Woche von Montag bis Mittwoch 3 Tage Kennlerngespräche mit BSW und SPD. Teilgenommen haben jeweils 5 Personen, für die CDU Michael Kretschmer als Landesvorsitzender und Ministerpräsident, Christian Hartmann als Fraktionsvorsitzender, Sandra Gockel und ich als Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Christian Piwarz als Minister. Die Ergebnisse wurden in einem Papier zusammengefaßt. Dieses liegt als Anlage bei. Es wurden unterschiedliche Themen diskutiert, vieles auch gar nicht. Offenes oder Strittiges wurde benannt und offen dargestellt. SPD ist links, BSW auch, aber bei manchen Themen wie Migration eher wie wir eingestellt.
Nach meiner Bewertung des vorgelegten Papieres aus den Kennenlerngesprächen kann ich inhaltlich sehr viele CDU-Positionen wiederfinden. Im Vergleich zum Sondierungspapier aus 2019, welches mit den Grünen und der SPD erstellt wurde, konnten wir deutlich mehr Positionen verankern. Dies sehe ich als eine Chance für ein späteres Regierungshandeln.
Dieses Ergebnis wurde gestern Freitagabend im erweiterten Landesvorstand, also auch mit den Kreisvorsitzenden, den Sonderorganisationen und den Vertretern von Städte- und Gemeindetag und Landkreistag, offen und hart diskutiert. Die Stimmung in der Basis wurde deutlich ausgesprochen, die Offenen Briefe gegen ein Bündnis mit dem BSW und für Gespräche mit der AfD von einzelnen Stadt- und Ortsverbänden wie auch von bekannten Mitgliedern der Partei waren allen wie auch mir präsent.
Die Herausforderung der aktuellen Situation besteht für den CDU-Landesvorstand und alle Verantwortlichen darin, nicht nur die CDU und ihre Mitglieder in der Abwägung der Lage zu sammeln und zu führen, sondern auch das Verständnis der Bevölkerung und unserer Wählerinnen und Wähler für unser Vorgehen und unser Entscheiden bei uns zu erhalten. Deshalb haben wir im Landesvorstand beschlossen, nun in einer 4wöchigen Sondierungsphase mit BSW und SPD ein umfassendes Bild aller Themen und aller Positionen zu erarbeiten. Dieses wird in Regionalversammlungen mit unseren Mitgliedern offen diskutiert. Erst danach gibt es eine erneute Entscheidung im Landesvorstand, ob es überhaupt zu Koalitionsgesprächen mit BSW und SPD kommt. Der dann möglicherweise ausgehandelte Koalitionsvertrag wird endgültig erst bei einem Landesparteitag von den gewählten Landesdeligierten im Dezember abgestimmt. Wir als Kreisverband sind daran mit 12 Delegierten vertreten.
Sollten wir oder auch BSW oder SPD keine Koalition mit stabilen Mehrheiten wollen gibt es vor Neuwahlen die Möglichkeit, dem Land eine Minderheitsregierung anzubieten. Dafür muß es Mehrheiten im Landtag geben, für die man immer wieder auf alle Abgeordneten und alle Fraktionen zugehen muß. Auch deshalb macht es Sinn, mit den Landtagskollegen von BSW und SPD vernünftig und nachvollziehbar umzugehen und nicht jetzt schon die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Positiv in dieser jetzt beginnenden Sondierungsphase ist für mich, daß alle Themen in geplant 7 Arbeitsgruppen mit je 5 CDU-Mitgliedern oder nahestehenden Personen durchgeführt werden, mit enger und breiter Rückkopplung in die Verbands- und Interessenlandschaft im Land. Diese Breite und das demokratische Verfahren schafft den entsprechenden Resonanzkörper, die sächsischen Interessen als Interessen der CDU durchzusetzen.
Ich bin unverdächtig, ein Bündnis mit in BSW teilweise vorhandenen Kommunisten eingehen zu wollen. So geht es vielen von uns. Das Wahlergebnis ist aber in einer Demokratie ein zentrales freiheitliches Zeichen, mit dem nun die gewählten Landtagsabgeordneten umgehen und Wege zu einer Regierung des Landes finden müssen. Die Zweifel am BSW, dieser neuen Partei mit einer zentralen Person sowie anderen handverlesenen aus der Linken kommenden Mitgliedern sind absolut gegeben. Das umso mehr, als hier auch der Föderalismus und die Autonomie einer Landespolitik nicht in Frage gestellt werden dürfen. „Weil es um Sachsen geht“, das ist unsere Aufgabe als CDU. Das Land muß es spüren: wir sind eindeutig für Sachsen unterwegs, und wir geben uns Mühe. Daraus kann neues Vertrauen wachsen.
Nach 5 Jahren Regierung der CDU mit 2 linken Parteien verlangt das Land eindeutig eine bürgerlichere und konservativere Politik. Dazu braucht es Grundlagen im Landtag, diese werden in den kommenden Wochen in der Sondierungsphase erarbeitet werden können. Daraus kann eine Mehrheitsregierung entstehen. Oder in das Angebot einer Minderheitsregierung münden. Das ist völlig offen und wird nicht von anderen, sondern von uns entschieden.
Was mich bei aller Schwierigkeit der Situation als überzeugter Parlamentarier ermutigt: alle gewählten Abgeordneten des Landtages sind derzeit in eine zentrale Rolle gestellt, welche in den vergangenen Jahren durch in Koalitionsverträge eingemauerte Parteien und Regierungen oft nicht so gegeben war. Hier in Zukunft inhaltlich offener, an der Sache und den Notwendigkeiten des Landes orientierter zu arbeiten und pragmatisch zu entscheiden, das kann eine große und neue Chance für unsere Demokratie sein. Und eine Klugheit des sächsischen Wahlergebnisses 2024.
Jede und jeder kann mich gerne anrufen, sonst freue ich mich auf eine rege Teilnahme an den angekündigten Regionalkonferenzen, zu denen wir rechtzeitig einladen werden.
Soweit erst einmal der aktuelle Stand, herzliche Grüße
Georg-Ludwig von Breitenbuch
Kreisvorsitzender
0176-161.286.17